Zeugnis von Amélie

Ich war 26, als ich meinen ersten Anfall Ich hatte gerade eine Stelle als Kundenbetreuerin in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bekommen. Ich konnte die Bildschirme nicht mehr ertragen, also musste ich aufhören zu arbeiten. Heute habe ich einen Behindertenstatus. Ich kann weder Auto fahren noch bestimmte Arbeiten verrichten. Der Verlust der Mobilität führt zur Isolation, das ist das Schlimmste. Ich treffe niemanden. Ich würde gerne wieder arbeiten gehen. Ich will kein Mitleid, sondern einen Job, der sich mir anpassen kann.[1]

[1] Delatronchette, L. (2022, 14 février) – “L’épilepsie est une maladie invisible mais vraiment handicapante” Par Ouest France. https://www.ouest-france.fr/sante/temoignage-l-epilepsie-est-une-maladie-invisible-mais-vraiment-handicapante-7e5f2744-8b29-11ec-a1f9-dd16676602bc

Par Ouest France. https://www.ouest-france.fr/sante/temoignage-l-epilepsie-est-une-maladie-invisible-mais-vraiment-handicapante-7e5f2744-8b29-11ec-a1f9-dd16676602bc

Die Gestaltung und Entwicklung integrationsfördernder Richtlinien innerhalb einer Organisation erfordert ein klares Engagement der Unternehmensleitung und die Umsetzung geeigneter Maßnahmen. Dieses Ziel muss mit der Mission und den Werten des Unternehmens in Einklang gebracht werden.  Hier sind die wichtigsten Punkte.

  • Kontinuierliche Bemühungen zur Bekämpfung direkter oder indirekter Diskriminierung: Es sollte eine Null-Toleranz-Politik gegenüber jedem potenziell stigmatisierenden oder diskriminierenden Verhalten geben. Außerdem müssen klare Verfahren für die Meldung von Diskriminierung, Belästigung oder anderen Verstößen gegen die Inklusionsrichtlinien festgelegt werden. Besonderes Augenmerk muss auf Einstellungs-, Beförderungs- und Vergütungsentscheidungen gelegt werden.
  • Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen angemessenen Vorkehrungen, sofern sie den betroffenen Mitarbeiter:innen empfohlen werden: In den meisten Fällen benötigen Menschen mit Epilepsie keine Vorkehrungen am Arbeitsplatz. Wenn ein Bedarf besteht, wird in den meisten Fällen von dem:der Ärzt:in eine Liste von Maßnahmen erstellt, um eine sichere und angenehme Umgebung für den Menschen mit Epilepsie zu schaffen. Der:die Arbeitgeber:in muss sich mit dem:der Arbeitnehmer:in treffen, um die Einzelheiten zu besprechen und sicherzustellen, dass nichts übersehen wird. In manchen Fällen handelt es sich nur um geringfügige Anpassungen, wie z. B. die Anpassung des Zeitplans, um Ruhezeiten zu ermöglichen, um das Risiko von Anfällen zu verringern. Es müssen regelmäßige Treffen angesetzt werden, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung ist und ob keine weiteren Anpassungen vorgenommen werden müssen.

Weitere Einzelheiten zu diesem Thema finden Sie in Modul 2.2 über „die Anpassung an Menschen mit Epilepsie in Geschäftsprozessen und -aktivitäten”.

  • Umsetzung von Sicherheitsrichtlinien, die die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Mitarbeiter:innen berücksichtigt, einschließlich der Bedürfnisse von Menschen mit Epilepsie: Die Sicherheitsrichtlinien des Unternehmens müssen spezifische Maßnahmen wie ein „Acute seizure action plan (ASAP)“ für den Fall eines Anfalls umfassen. Wie bei anderen Sicherheitsmaßnahmen im Unternehmen müssen die Mitarbeiter:innen informiert und geschult werden, um sich angemessen zu verhalten. Weitere Einzelheiten zu diesem Thema finden Sie in Modul 2.2 über „die Anpassung an Menschen mit Epilepsie in Geschäftsprozessen und -tätigkeiten”.

Die Gewährleistung der Sicherheit der Arbeitnehmer:innen ist eine Pflicht des:der Arbeitgeber:in, aber es ist auch notwendig, darüber hinaus für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer:innen zu sorgen. Hier sind einige wichtige Maßnahmen:

  • Sicherstellen, dass Mitarbeiter:innen Zugang zu einer umfassenden Krankenversicherung haben, die auch Epilepsie abdeckt.
  • Verständnis und Berücksichtigung für notwendige Arzttermine der Mitarbeiter:innen, z. B. durch die Planung der Arbeitszeit.
  • Eine klare Richtlinie für krankheitsbedingte Abwesenheit, insbesondere bei Epilepsie, und einige unterstützende Maßnahmen zur Wiedereingliederung von Mitarbeiter:innen nach einer Abwesenheit.
  • Ein Unternehmen sollte auch besonders auf das emotionale und soziale Wohlbefinden und die mentale Gesundheit von Individuen achten, insbesondere von Menschen mit Epilepsie.
  • Umsetzung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit am Unternehmensstandort: Im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung und der sozialen Verantwortung der Unternehmen suchen viele Unternehmen nach Lösungen, die ihren Mitarbeiter:innen den Zugang zu ihrem Arbeitsplatz erleichtern. Angesichts der Fahrbeschränkungen, die für Menschen mit Epilepsie gelten, ist dies eine besonders wichtige Frage. Fördern Sie die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch Subventionen für Arbeitnehmer:innen, die darauf angewiesen sind. Eine andere Lösung kann darin bestehen, mit den örtlichen Verkehrsbehörden zusammenzuarbeiten und kostenlose oder ermäßigte Fahrkarten anzubieten. Wenn das Unternehmen jedoch schlecht an öffentliche Verkehrsmittel angebunden ist, kann eine andere Lösung darin bestehen, Fahrgemeinschaften zu bilden. Für große Unternehmen könnte ein Shuttleservice zwischen den wichtigsten Verkehrsknotenpunkten und dem Arbeitsplatz eingerichtet werden. Eine weitere Lösung, die die berufliche Eingliederung von Menschen mit Epilepsie erleichtern könnte, ist die Einführung von Richtlinien für Remote-Arbeit, die den spezifischen Bedürfnissen und sogar Wünschen jedes Einzelnen Rechnung tragen.
  • Schaffung von Positionen oder Rollen zur Förderung der Integration: Um ein inklusives Umfeld für Mitarbeiter:innen mit Epilepsie zu schaffen, ist es entscheidend, ein umfassendes Unterstützungssystem einzurichten, das die wichtigsten Interessengruppen und Ressourcen umfasst. Die Personalabteilung ist die Abteilung, die am häufigsten mit der Umsetzung einer Eingliederungspolitik zu tun hat, auch wenn diese auf der Ebene der Generaldirektion beschlossen wird. Viele Unternehmen entscheiden sich auch dafür, eine:n Behindertenbeauftragte:n zu ernennen, der:die die Inklusionsrichtlinien überwacht. Seine Rolle ist entscheidend für die Unterstützung von Mitarbeiter:innen mit Epilepsie. Eine ergänzende Maßnahme kann die Bildung eines Ausschusses für Vielfalt und Inklusion sein, der sich aus Mitarbeiter:innen verschiedener Ebenen und Hintergründe innerhalb des Unternehmens zusammensetzt und wertvolle Informationen und Empfehlungen für die Entwicklung und Ausarbeitung der Inklusionsrichtlinien liefert. Schließlich ist die Zusammenarbeit mit externen Partnern wie Gesundheitsfachleuten, Behindertenvertreter:innen und Epilepsieorganisationen von entscheidender Bedeutung, um über bewährte Verfahren und neue Entwicklungen informiert zu bleiben. Darüber hinaus kann die Zusammenarbeit mit Epilepsie-Organisationen den Zugang zu Lehrmaterial, Seminaren und Expertenberatungen ermöglichen, so dass ein informierter und aktueller Ansatz zur Unterstützung von Mitarbeiter:innen mit Epilepsie möglich ist und als Modell für die Berücksichtigung anderer Behinderungen dient.

Das Angebot von Selbsthilfegruppen oder Peer-Support-Gruppen für Menschen mit Epilepsie kann kognitive Unterstützung, professionelle Beratung und Möglichkeiten zum Austausch mit anderen Epilepsiekranken oder mit Peer-Support-Kolleg:innen bieten.

  • Kontrolle und Auswertung der Fortschritte der Inklusionsrichtlinien: Um die Wirksamkeit einer Inklusionsrichtlinie sicherzustellen, ist es wichtig, ihre Fortschritte regelmäßig zu kontrollieren und auszuwerten. Sie müssen damit beginnen, spezifische, messbare Ziele für Vielfalt und Inklusion innerhalb des Unternehmens festzulegen. Die Wirksamkeit bestehender Anpassungsstrategien und -maßnahmen sollte regelmäßig überprüft und ausgewertet werden, um alle Bereiche zu ermitteln, in denen bestimmte Gruppen unbeabsichtigt ausgeschlossen oder benachteiligt werden könnten. Ein kontinuierlicher Evaluierungsprozess nutzt Umfragen, Fokusgruppen und Interviews mit Mitarbeiter:innen, um Feedback zu ihren Erfahrungen zu sammeln und Defizite bei der Inklusion zu ermitteln. Dies gilt auch für Mitarbeiter:innen mit Epilepsie, indem ihr Feedback eingeholt und sichergestellt wird, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden.

Die Entwicklung und Umsetzung integrationsfördernder Richtlinien, insbesondere für Mitarbeiter:innen mit Epilepsie, erfordert die Berücksichtigung der folgenden Aktionsbereiche: kontinuierliche Bemühungen zur Bekämpfung direkter oder indirekter Diskriminierung; Umsetzung angemessener Vorkehrungen, wenn dies für betroffene Mitarbeiter:innen empfohlen wird; Umsetzung einer Sicherheitspolitik, die die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Mitarbeiter:innen, einschließlich der Bedürfnisse von Menschen mit Epilepsie, berücksichtigt; Umsetzung von Lösungen zur Erleichterung des Zugangs zum Unternehmensstandort; Schaffung von Positionen oder Rollen zur Förderung der Integration; Kontrolle und Auswertung der Fortschritte der Inklusionsrichtlinien.

Zeugnis von Anna-Louise

Bei Epilepsie geht es nicht nur um Krampfanfälle. Es geht auch darum, dass man seine Medikamente einnehmen muss, dass man Arzttermine vereinbaren muss, dass man Gedächtnislücken hat, dass man durch einen Lichtstrahl gestört wird, weil man lichtempfindlich ist, dass einen schwindelig ist, dass man schlecht schlafen und dadurch anfallsgefährdet ist, dass der Arm oder das Auge zittert, dass man nicht an einen Ort gelangen kann, weil die öffentlichen Verkehrsmittel nicht dorthin fahren, usw.

 Ich möchte das Bewusstsein für Epilepsie schärfen und die Menschen dazu bringen, ohne all die Tabus, die sie umgeben, darüber zu sprechen, damit alle Menschen mit Epilepsie ein wenig besser mit ihrer Behinderung leben können. Damit wir unsere Krankheit nicht verstecken müssen, aus Angst vor der Reaktion der Menschen, die uns nahestehen, oder derer, die uns nicht so nahestehen, damit wir keine Angst haben müssen, in der Öffentlichkeit einen Anfall zu bekommen, weil andere uns so ansehen, oder ganz einfach wegen unseres Sicherheitsrisikos, weil die grundlegenden Handgriffe, die uns schützen, nicht geschult werden. Ich würde mir auch wünschen, dass die veralteten Auffassungen über Epilepsie endgültig verschwinden, wie die Besessenheit durch böse Geister oder den Teufel, der Wahnsinn… all die negativen Dinge, die keinen Platz haben.[2]

[2] Lavigne, A. (2021, 29 octobre). ” Je suis épileptique et voici ce que je voudrais que vous sachiez sur cette maladie ” – BLOG. Le HuffPost. https://www.huffingtonpost.fr/life/article/je-suis-epileptique-et-voici-ce-que-je-voudrais-que-vous-sachiez-sur-cette-maladie-blog_188321.html

Reflektierende Übung

Greifen Sie die wichtigsten Punkte auf, die bei der Entwicklung integrationsfördernder Richtlinien in Ihrer Organisation zu beachten sind, und beschreiben Sie genau die konkreten Maßnahmen, die Sie für jeden der Punkte ergreifen könnten, wobei Sie für jede Maßnahme die beteiligten Personen und einen Zeitrahmen angeben. 

  1. Laufende Bemühungen zur Bekämpfung direkter und indirekter Diskriminierung
  2. Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen angemessenen Vorkehrungen, sofern sie den betroffenen Mitarbeiter:innen empfohlen werden
  3. Umsetzung von Sicherheitsrichtlinien, die die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Mitarbeiter:innen, einschließlich der Bedürfnisse von Menschen mit Epilepsie, berücksichtigt.
  4. Umsetzung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit am Unternehmensstandort
  5. Schaffung von Positionen oder Rollen zur Förderung der Integration.
  6. Kontrolle und Auswertung der Fortschritte einer Inklusionsrichtlinie.