Wenn Sie wissen, was Sie wollen, – und nur dann – sollten Sie sich mit den Einschränkungen befassen, die mit Ihrer Epilepsie verbunden sind, und sehen, wie Sie Ihre Wünsche mit Ihrem Gesundheitszustand in Einklang bringen können. Es gibt drei Dinge, die Sie bedenken sollten:

  • Kann Epilepsie Ihr eigenes Wohlbefinden gefährden?
  • Kann Epilepsie andere Menschen gefährden?
  • Wird die normalerweise erwartete Arbeitsleistung beeinträchtigt?

Der letzte Punkt zur verminderten Arbeitsleistung ist für die ursprüngliche Berufswahl von geringerer Bedeutung. Eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Arbeitsleistung ist kein Ausschlusskriterium, sollte aber dennoch in Betracht gezogen werden, da sie in einigen Ländern (z. B. Deutschland) zu einer Meldepflicht der Bewerber:innen für Epilepsie führt. Der letzte Punkt zur verminderten Arbeitsleistung ist für die ursprüngliche Berufswahl weniger relevant.

Wichtiger ist in erster Linie die Berücksichtigung der Gefahr für sich selbst und andere. Eine Selbstgefährdung liegt beispielsweise vor, wenn die Gefahr besteht, mit schädlichen elektrischen Spannungen, infektiösen oder giftigen Stoffen in Berührung zu kommen, die zu Krampfanfällen führen. Darüber hinaus bestehen Gefahren durch ungeschützte bewegliche Maschinenteile, Absturzgefahr, Arbeiten in engen Räumen oder Alleinarbeit. Risiken für andere bestehen zum Beispiel, wenn die Beaufsichtigung von Minderjährigen oder Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen in sozialen oder pädagogischen Berufen aufgrund von Anfällen unterbrochen wird. Dies kann vermieden werden, wenn eine andere Person im Falle eines Anfalls sofort die Aufsicht übernehmen kann.

Wie wirkt sich Epilepsie auf Sie aus?

Im nächsten Schritt ist es wichtig, dass Sie sowohl Ihr diagnostisches als auch Ihr Erfahrungswissen über Ihre Epilepsie systematisch auf mögliche Beeinträchtigungen in Ihrem Berufsleben überprüfen. Es gibt kaum Berufe, die für Menschen mit der Diagnose Epilepsie generell ungeeignet sind. Epilepsie hat viele Gesichter, und eine grundlegende Analyse Ihrer persönlichen beruflichen Einschränkungen ist die Basis für alle weiteren Überlegungen. Hier finden Sie einige hilfreiche Leitfragen:

  • Wie hoch ist das Anfallsrisiko? Es ist in der Regel umso geringer, je länger ein Mensch mit Epilepsie anfallsfrei ist.
  • Wie häufig treten die Anfälle auf?
  • Welche Arten von Anfällen treten auf? Epileptische Anfälle können sehr unterschiedlich sein und sehr unterschiedliche Auswirkungen haben. Manche sind so unproblematisch, dass man mit ihnen sogar Auto fahren kann.
  • Treten die Anfälle plötzlich auf oder gibt es Vorboten (so genannte Prodromi oder Auren), die ein vorbeugendes Handeln ermöglichen?
  • Treten die Anfälle eher während der Arbeitszeit auf, oder kommen sie beispielsweise immer aus dem Schlaf heraus?
  • Haben die Medikamente Nebenwirkungen, und wenn ja, welche?
  • Welche arbeitsbedingten Gefährdungen sind an einem bestimmten Arbeitsplatz vermeidbar?

Ernsthafte Risiken für sich selbst und andere treten nur bei bestimmten Arten von Anfällen auf. Nämlich dann, wenn im Zusammenhang mit Krampfanfällen

  1. Störungen des Bewusstseins,
  2. Stürze, oder
  3. Störungen der willkürlichen motorischen Fähigkeiten auftreten.
  4. sowie wenn nach einem Anfall längere Phasen der Bewusstlosigkeit oder unangemessene Handlungen zu erwarten sind.

Liegen unkontrollierbare Anfälle vor, muss von bestimmten Berufen abgeraten werden. Dies betrifft im Wesentlichen Arbeiten mit Absturzgefahr (Dachdecker, Schornsteinfeger usw.), Arbeiten mit offenem Wasser und Feuer, Arbeiten mit Starkstrom und ungeschützten Maschinen sowie die Arbeit als Berufskraftfahrer:in. Die Gefährdung von Dritten darf auf keinen Fall gegeben sein. Außerdem ist es wichtig, ob die erforderliche antiepileptische Medikation ohne Nebenwirkungen vertragen wird.

Aufgabe: Bringen Sie Ihre Berufswünsche mit dem Zustand Ihrer Epilepsie in Verbindung. Was sind die Folgen?

Nun, da Sie eine Vorstellung davon haben, was Sie wollen, und wir Ihnen grobe Richtlinien zur Einschätzung Ihrer Einschränkungen im Berufsleben gegeben haben, liegt es an Ihnen, die beiden Ebenen zusammenzubringen. Es gibt keine Einheitslösung, die wir Ihnen anbieten können. Zu unterschiedlich sind die Fragen, die Sie sich bezüglich Ihrer Epilepsie und der daraus resultierenden Einschränkungen stellen müssen. Letztlich müssen Sie sich vor Augen halten, dass es in erster Linie darum geht, Gefahren für sich und andere zu vermeiden, und erst in zweiter Linie darum, Ihre Arbeitsleistung einzuschränken. Nutzen Sie die Leitfragen aus diesem Abschnitt und stellen Sie eine Verbindung zwischen Ihren Beschwerden und Ihren Berufswünschen aus dem ersten Abschnitt her.

Dies kann ein schwieriger Prozess sein, und obwohl Sie Ihre Situation realistisch einschätzen müssen, sollten Sie nicht vorschnell und aus Angst oder Unwissenheit vor Berufsprofilen zurückschrecken, nur weil diese auf den ersten Blick etwas schwierig erscheinen. Denken Sie auch hier daran, dass kleine Veränderungen den Arbeitsplatz oft sicherer machen können. Beratungsdienste, auf die wir im nächsten Kapitel eingehen werden, können hier ebenfalls von Interesse sein. Sie wissen oft mehr über mögliche Vorkehrungen oder Maßnahmen, um Arbeitsplätze und Arbeitsstätten epilepsiefreundlich zu gestalten. Lassen Sie also keine Option aus, von der Sie glauben, dass sie eine Lösung sein könnte.