Für viele junge Menschen, die die Schule verlassen, aber auch für Arbeitnehmer:innen, die sich beruflich neu orientieren, stellen sich bei der Berufswahl grundlegende Fragen. Was kann ich machen? Was will ich? Was interessiert oder motiviert mich? Für Menschen mit chronischen Erkrankungen, wie z.B. Epilepsie, muss das nicht anders sein. Und das sollte es auch nicht sein: Hören Sie zuallererst in sich hinein. Was interessiert Sie? Was sind Ihre Stärken? Und vor allem: Was wollen Sie tun?

Auch wenn dies ein Leitfaden für Menschen mit Epilepsie ist und daher den Fokus auf die besonderen Herausforderungen, die sich aus dieser Erkrankung ergeben, ist es grundsätzlich wichtig, von den eigenen Wünschen auszugehen und nicht von den mit der Epilepsie verbundenen Einschränkungen. Auch wenn eine Epilepsieerkrankung natürlich Auswirkungen auf das Arbeitsleben haben kann, die nicht zu vernachlässigen sind, ist ein großer Teil der Probleme, die Menschen mit Epilepsie haben, auf Stigmatisierung und mangelndes Bewusstsein der Arbeitgeber zurückzuführen. Viele Probleme entstehen daher in den Köpfen, und Menschen mit Epilepsie sollten nicht selbst in diese Falle tappen. Menschen mit Epilepsie machen durchaus die Erfahrung, von anderen in ihren Fähigkeiten und ihrer Eignung unterschätzt zu werden. Das ist leichter gesagt als getan: Aber lassen Sie nicht zu, dass die Vorurteile der Gesellschaft Ihr Selbstbild bestimmen. Die Gesellschaft wird Ihnen früh genug Grenzen setzen, gegen die Sie ankämpfen müssen. Lassen Sie sich nicht einschränken, bevor Sie überhaupt so weit sind. Die erste Frage bei der Berufsorientierung sollte daher immer bei Ihnen selbst beginnen, bei Ihren Fähigkeiten, Wünschen und Interessen. Zu einer realistischen beruflichen Orientierung gehört natürlich auch eine ehrliche Einschätzung der Risiken und Einschränkungen, die mit Ihrem persönlichen Gesundheitszustand verbunden sind, aber das ist erst der zweite Schritt. Zunächst sollten Sie sich über Ihre Ziele und Wünsche klar werden.

Aufgabe: Werden Sie sich Ihrer Wünsche, Fähigkeiten und Interessen bewusst!

Vor allem, wenn Sie schon älter und berufserfahren sind, mag es Ihnen ziemlich albern vorkommen, sich solche grundlegenden Fragen (erneut) zu stellen. Aber es ist hilfreich, Dinge aufzuschreiben, sie grafisch aufzubereiten, sie zu visualisieren. Sprechen und Schreiben ordnet die Gedanken und gibt ihnen einen Sinn. Wenn Sie bereits über Berufserfahrung verfügen, können Sie die folgenden Fragen konkreter beantworten.

Was erwarte ich von meiner Karriere?

Zunächst einmal ist es hilfreich, sich darüber im Klaren zu sein, welche Rolle eine Arbeit in Ihrem eigenen Leben spielt und was Sie von einer Arbeit erwarten. Dabei geht es um Fragen wie: Geht es in erster Linie darum, ein verlässliches Einkommen zu erzielen, um Ihrer Familie einen gewissen Lebensstandard zu sichern, oder geht es in erster Linie darum, sich im Berufsleben selbst zu verwirklichen? Wie wichtig sind Ihnen geistige oder körperliche Herausforderungen? Brauchen Sie verlässliche Arbeitszeiten oder sind Sie gerne unterwegs?

Bitte geben Sie kurz Ihre Antworten:

 

 

Was sind meine herausragenden Eigenschaften? Was sind meine Stärken und Schwächen?

Hier ist es sinnvoll, mit dem Allgemeinen zu beginnen und sich zum Speziellen vorzuarbeiten. Vor allem, wenn Sie kurz vor dem Schulabschluss stehen, werden Sie hier kaum konkrete Hardskills nennen können. Allgemeine Vorschläge könnten sein: Können Sie gut mit verschiedenen Arten von Menschen umgehen? Arbeiten Sie lieber allein und konzentriert auf einer Sache oder arbeiten Sie lieber hoch kommunikativ und mit schnell wechselnden Aufgaben?

Bitte geben Sie kurz Ihre Antworten:

 

 

Woran bin ich interessiert? Welchen Beruf kann ich mir vorstellen?

Jetzt wird es konkret: Welche Berufe leiten sich Ihrer Meinung nach von den oben genannten Erwartungen und Fähigkeiten ab? Wenn Sie sich für einen Beruf interessieren, bedeutet das nicht unbedingt, dass Sie genau wissen, was Sie erwartet. Folgen Sie Ihrer eigenen Neugierde, recherchieren Sie und finden Sie heraus, ob Ihr Interesse nachlässt oder sich festigt.

Bitte geben Sie kurz Ihre Antworten:

 

 Erst wenn Sie Ihre eigenen beruflichen Ziele und Wünsche definiert haben, sollten Sie sich mit den Risiken und Einschränkungen auseinandersetzen, die durch Ihre Epilepsie entstehen. Es ist absolut sinnvoll, die eigenen Wünsche so uneingeschränkt wie möglich zu formulieren. Auch wenn man auf den ersten Blick meint, bestimmte Berufe für Menschen mit Epilepsie kategorisch ausschließen zu müssen, gibt es oft verwandte Berufsfelder mit ähnlichen Tätigkeiten. Oder es stellt sich z. B. im Rahmen eines Beratungsgesprächs mit einer medizinischen Fachkraft heraus, dass ein Beruf, von dem man nie zu träumen gewagt hätte, aufgrund neuer Regelungen oder technologischer Innovationen nun auch für Menschen mit Epilepsie eine Option ist. Und so schließen wir den ersten Abschnitt mit dem Impuls vom Anfang ab: Schränken Sie sich nicht ein, wenn es darum geht, Ihre eigenen Wünsche und Fähigkeiten zu formulieren. Nehmen Sie sich selbst ernst, wenn Sie sich fragen: Was wollen Sie?